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Meine Lernumgebung – ein Plädoyer zum zweiten Blick.

Bildquelle. Ein Artikel im Rahmen von #opco11. In der 4. Woche des Open Course 2011 wurde die spannende Frage aufgeworfen, ob ein klassisches Learning Management System (LMS) wie zum Beispiel Moodle in Zukunft ausgedient hat oder nicht. Der Vortrag von Prof. Michael Kerres skizziert diese These sehr anschaulich (Folie 14). Tatsächlich gibt es ein Spannungsfeld zwischen den strukturierten LMS der Universitäten und Schulen auf der einen Seite und die Web 2.0-Tools wie Weblogs, Facebook und ähnliche auf der anderen Seite.  Kerres sieht – ich vereinfache etwas –  die Zukunft des Online-Lernens in Sozialen Lernplattformen, die diese kommunikativen Elemente besser eingebaut haben.

Nicht umsonst ist in der Moodle-Community der Fokus schon seit einiger Zeit auf die Integration von sozialen Plattformen in Moodle bzw. umgekehrt gelegt. Ein konkretes Beispiel ist – und ich finde sehr gelungen – die Kombination Moodle und Mahara. Eine klassische Lernplattform (Moodle) eng verknüpft mit einer sozialen Plattform mit ePortfolio-Spezialisierung (Mahara). Sigi Jakob-Kühn drückt es in ihren Vorträgen auf der MoodleMoot 2010  (bzw 2011) etwa so aus: Moodle gehört dem Lehrer, Mahara dem Schüler (Folie 9).

Meine favorisierte Lernumgebung, auch Personal Learning Enviroment (PLE) genannt, besteht aus dem „Hafen“ Moodle & Mahara, mit einem Account (Single Sign-On), in dem das Lernen in der Schule eher strukturiert, geschlossen und formell geprägt ist. Auf Seiten  der kollegialen Kommunikation kommt noch Google Apps Education dazu. Aus dem „Hafen“, der virtuellen Heimat, heraus werden Dienste wie zum Beispiel Quizlet für Lernkarten, Youtube für Lernvideos, Wallwisher und ähnliche Dienste von mir benutzt. Geschlossene Gruppen in Facebook sind nur redundante Informationskanäle mit Erinnerungs- und Sprungbrettfunktion.

So weit meine eher einführenden Worte. Meine nächsten Gedanken kommen so richtig vom Herzen und sind natürlich ganz auf die Situation allgemeinbildender Schulen, nicht Universitäten bezogen: Es geht überhaupt nicht um die Frage welche neuen digitalen Tools und wie diese eingesetzt werden – es geht um „guten Unterricht“ überhaupt. Wie lernen Schüler im Jahre 2011 sinnvoll und nachhaltig? Auf was muss ich als Lehrer achten? Wie kann ich die Unterrichtsqualität steigern und wie wird sie gemessen? Diese Fragen müssen zudem im Kontext der eigenen schulischen Rahmenbedingungen und Ressourcen gestellt werden. Die Stellschrauben, auf die der Lehrer achten muss sind meistens ganz andere. In ein, zwei Artikel habe ich zu diesen grundsätzlichen Fragen erste Überlegungen skizziert.

Ganz ehrlich: der Schüler heutzutage ist  – flexibel. Ob nun eine konkrete Aufgabe oder eine Diskussionsaufforderung online in Moodle oder in einem offenen Weblog gestellt wird, ist eigentlich egal. Dass der einzelne Schüler dieses oder jenes Tool benutzt hängt nicht am konkreten Medium, sondern eher von anderen komplizierten und vielfältigen Aspekten der Unterrichtsgestaltung ab. Zum Beispiel von der Lernatmosphäre, dem Vertrauen zum Lehrer, vom Zeitrahmen, zur klaren Aufgabenstellung und Transparenz in der Unterrichtsstunde, usw. Die Beteiligten, der Lehrer wie die Schüler, sind doch in ihrer konkreten digitalen Situation in Wirklichkeit recht anpassbar.

Aus diesem Grund ist es heute wichtig überhaupt Online-Lernen zumindest zu einem gewissen Teil in unseren hektischen Schulalltag einzubauen, als darüber zu reden welches Tool am besten ist.

Was mir dabei ganz wichtig ist: Seien Sie nicht so vorschnell mit ihrem Urteil. Einmal ausprobiert und dann verworfen – das passiert schnell und es wird dem komplizierten Geflecht der notwendigen Zutaten nicht gerecht. Egal um welchen Dienst oder Tool es sich handelt: setzen Sie es behutsam ein, eher langsam und mit kleinen Schritten, dann aber richtig und von Herzen. Ein schnell gestrickter Moodlekurs als reine Materialschleuder in alter Denke ist ein Graus. Wenn der Lehrer dann feststellt, oh, meine Schüler sind gar nicht so motiviert, dann ist schnell die Plattform Moodle schuld. Ich denke es ist klar, was ich meine.

Nachdenklich wurde ich auch über einige Sätze, die Monika König in ihrem Artikel über ihre Top 10 der Tools #ttt_t zu ihrem Lieblingstool Twitter schrieb:

„Sinnfrei. Dieses Twitter ist einfach und absolut…. sinnfrei“. Was auch immer mich dazu getrieben hat. Ich hab’ es ein zweites Mal versucht. […] Das für mich unbefriedigende dabei ist: Einmal hat es nicht funktioniert, beim zweiten Mal gefunkt. Nur was war der Grund?

Ähnliche Erfahrungen habe ich auch gemacht. Manchmal denke ich die Ursche zu kennen, warum ein bestimmter Schritt beim Online-Lernen funktionierte oder eben nicht. Aber manchmal muss ich einfach dran bleiben und den „Schritt“ im Detail so weit variieren, bis er klappt oder nicht.

Mein Plädoyer und Fazit: in der allgemeinbildenden Schule sind wir noch viel zu sehr in einer Pioneer- und Erprobungsphase, als dass wir verlässlich sagen könnten, es geht schulisch in diese oder jene Richtung. Technische Aspekte sind noch viel zu relevant und hängen vom Know-How und dem Engagement einzelner Lehrer ab. Die geringe Lehrerfortbildung ist ein weiterer Flaschenhals. Und denken Sie bitte nicht, dass unsere Lehramtsstudenten systematisch in neuen Medien ausgebildet werden. Dies ist nicht der Fall.

Ich begrüße jeglichen kleinen Schritt, in dem ein Kollege irgendein Tool aus dem Web 2.0-Umfeld einsetzt. Und dies bitte, mein Rat,  nicht als Einzelkämpfer, sondern zusammen mit wenigstens einem Kollegen. Und ich warne vor der Falle an mehreren Fronten gleichzeitig sich entwickeln zu wollen: zum Beispiel Elemente des kooperativen Lernens in seinem Unterricht einsetzen zu wollen und dies gleichzeitig durch Online-Lernen umzusetzen – das ist zu viel auf einmal.

Ich frage mich: was war Ihr erster erfolgreicher und meist kleiner Schritt „neue Medien“ oder gar Web 2.0-Tools im Unterricht einzusetzen?

  1. Hach Martin… you made my day….. du hast mir aus der Seele geschrieben und alles auf den richtigen Punkt gebracht! Es kommt nicht auf die Lernplattform an, sondern was man daraus und damit macht in der ganzen Bandbreite , von der „Wäscheleine“ wie Ulrike Montgomery das immer so schön für die Dokumentencontainer darstellt bis zu Kursen, in denen es garkeine Dateien mehr braucht, sondern alles verlinkt, eingebettet ist , alles nach „draussen“ führt und ansonsten nur Kommunikation, Kooperation und Kollaboration stattfindet. Wer Moodle oder eine anderee LMS dazu missbraucht, den traditionellen Lernstoff einfach digital abzubilden und dann noch die tollen Quiz- oder Hotpotatoes Übungen zum schnellen Überpüfen und Bewerten permanent einsetzt, vertreibt seine Schüler aus ihrem „virtuellen“ Klassenzimmer. Lehrer wollen alles kontrollieren, sogar, wann wer was zuletzt auf der LMS gemacht hat – das kann man auch- aber: Moodle darf nicht als Kontrollinstrument missbraucht werden. Diese Fehler haben wir anfangs sicher alle mal gemacht, bis wir gemerkt jhaben, dass die anfangs recht begeisterten Schüler beim Wort Moodle das Gesicht verzogen haben – wir hatten dann lange Diskussionen und ich musste auch erst mit und von den Schülern lernen, wie man diese Falle vermeidet. Und siehe da, es funktionierte, am besten in der Kombination Moodle und Mahara, wo die Schüler dann ihren eigenen Bereich hatten- von ganz geschützt bis ganz offen. Ich bin überzeugt, dass dieses Modell für Schulen und Hochschulen gut geeignet ist, da es viel Potential für die von uns allen so geforderte Durchlässigkeit besitzt. Ich freue mich ganz besonders, dass du Martin den Stab aufgenommen hast und weiterträgst- so langsam kann ich mich da sicher zurückziehen 🙂

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    29. Mai 2011
  2. martinkurz #

    Danke Sigi,
    für deine Ermutigung. Du hast es in deinem Kommentar noch viel treffender beschrieben was ich ausdrücken möchte, Danke dafür.

    Sorgen wir Lehrer dafür, dass sich unsere Schüler in ihren virtuellen Klassenzimmern wohl fühlen. Seien wir Lerncoach und Begleiter. Es gelten sicher die gleichen Grundsätze wie im realen Klassenzimmer. Auch wenn es noch etwas besonderes ist.

    Und klar nehme ich gerne den Stab auf, aber ziehe dich bitte nicht zurück. So weit kenne ich dich schon, du mischst noch lange mit :-).

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    29. Mai 2011
  3. Claudia #

    DAS habe ich dann mal geklaut (zitiert)
    „Ein schnell gestrickter Moodlekurs als reine Materialschleuder in alter Denke ist ein Graus. Wenn der Lehrer dann feststellt, oh, meine Schüler sind gar nicht so motiviert, dann ist schnell die Plattform Moodle schuld.“
    und versuche an anderer Stelle ein bisschen Streit zu machen (zu diskutieren)
    Danke und viele Grüße

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    29. Mai 2011
  4. martinkurz #

    Hi Claudia,
    na dann erzähle uns demnächst, was da raus gekommen ist. LG Martin

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    30. Mai 2011
  5. An einem westfälischen Berufskolleg haben wir seit einigen Jahren über http://www.schulserver24.de eine integrierte Lernplattform am Laufen, sodass die normal anfallenden IT-Aufgaben an Schule innerhalb eines Systems (natürlich mit Schnittstellen nach außen) erledigt werden können. V.a. didaktische Jahresplanung, Online-Stundenpläne, Vertretungspläne etc. können so extrem zeitsparend auf Handy, auf Flachbildschirm und am PC eingesehen werden. Klassische E-learning-Szenarien (Online-Tests, Umfragen etc.) sind natürlich auch mit an Bord.
    – und man hat die Google-Problematik („was machen die mit unseren Schülerdaten und unserer internen Kommunikation?! Auf welchem Server liegt das alles?!“) nicht am Hals – stattdessen sichere Cloud auf heimischem Server…
    Viele Grüße,
    Myschoolconsult

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    13. Juli 2011
  6. da fehlte eben noch etwas: Wir denken darüber nach, im Herbst „open source“ zu gehen – und wären da an Austausch und Anknüpfungspunkten interessiert…

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    13. Juli 2011

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